Was ist Sportmedizin für Hunde?

@Foto: Andreas Fuchs
@Foto: Andreas Fuchs

Die Nutzung des Hundes hat sich in den letzten 50 Jahren massiv verändert. Bis in die 60er Jahre war ein Hund vornehmlich im ländlichen Bereich auf Bauernhöfen als „Hofhund“, zur Jagd oder als Polizei oder auch als Militärhund im Einsatz.

In den letzten Jahren hat der Hundesport massiv zugenommen. Neben dem klassischen Schutzdienst, der Jagd und den entsprechenden jagdlichen Prüfungen finden heute im großen Stil Agility Wettkämpfe statt, in denen für verschiedene Rassen zugeschnittene sportliche Wettkämpfe stattfinden. Selbstverständlich zeigen sich aus dieser sportlichen Belastung neue Anforderungen an die Medizin. Wie beim menschlichen Pendant zeigen sich bei den Hunden Störungen, die bei normaler Nutzung nicht auffallen würden. Das bedeutet nicht, dass der Hund durch den Sport krank wird, sondern dass die Erkrankungen dem Besitzer bereits viel früher auffallen, als dass das normalerweise der Fall ist.

Bereits die kleinsten Schwächen im Bewegungsapparat können zu schlechterer sportlicher Leistung führen. Der Besitzer bemerkt z. B.
die Knieerkrankung schon lange bevor es zu einem vollständigen Kreuzbandriss kommt. Wird dies vom Tierarzt erkannt, ist es mit modernen Methoden möglich eine optimale Therapie zu erstellen. Aufgrund meiner persönlichen Erfahrung als Fachtierarzt für Pferde und Kleintiere, ehemaliger Turnierreiter und aktiver Sportler ergibt sich die berufliche Affinität zur Sportmedizin zwangsläufig.

Sporthunde werden häufig wegen orthopädischer Erkrankungen vorgestellt aber auch Erkrankungen des Herzens oder der Lunge können ein Grund sein den Hund sportmedizinisch zu Untersuchen. Um eine exakte Diagnose und einen individuellen Therapieplan zu erstellen, ist das Zusammenspiel zwischen dem Orthopäden, dem Internisten, Kardiologen und unseren an die Praxis angegliederte Physiotherapiepraxis unabdingbar.

Anbei ein kurzer Abriss der wichtigsten Erkrankungen, die wir beim Sporthund sehen.

Vordergliedmaße:
Ellenbogen: Ein nicht nur beim Sporthund häufig erkranktes Gelenk. In dem Begriff der Ellenbogendysplasie vereinen sich bis zu drei Krankheitsbilder (OCD, isolierter Proc. Anconeus und Coronoideus). Fatal ist, dass die Krankheit im jungen Alter von 6 Monaten bis zu 1,5 Jahren entsteht und häufig beidseitig vorkommt. Da beide Beine betroffen sind, ist häufig zunächst keine Lahmheit zu sehen. Die für den Laien offensichtlichen Symptome kommen erst, wenn bereits eine Arthrose vorhanden ist. Leider bietet die Röntgenuntersuchung nur eine mäßige Sicherheit zur Beurteilung der Ellenbogengesundheit. So konnte in einer Studie der Universität Gießen gezeigt werden, dass 30 % der in der Röntgenuntersuchung unauffällig beurteilten Ellenbogen in der CT Untersuchung eine Ellenbogenerkrankung zeigten. Wird ein erkrankter Hund sportlich belastet, ist der Schaden, der in dem Gelenk entsteht, irreparabel. Dementsprechend sollte ein junger Hund bevor er in den Sport geht, von einem orthopädisch versierten Tierarzt untersucht werden. Eine chronische Ellenbogenerkrankung wirkt sich langfristig auf den gesamten Bewegungsapparat der Vorhand aus. Häufig werden zu der Ellenbogenerkrankung Veränderungen an der Schultermuskulatur und an der Pfotenstellung gefunden.

Schulter: Die Schulter ist im Gegensatz zum Ellenbogen gut von Muskulatur eingebettet. Bei jungen vor allem großen und schnell wachsenden Hunden kann es zur Ablösung kleiner Knorpelfragmente im Gelenk kommen (OCD) auch hier führt eine Belastung mit einer unbehandelten Knorpelschuppe zu erheblichen bleibenden Schäden.
Beim erwachsenen Hund spielt vor allem die das Schultergelenk stabilisierende Muskulatur, Sehnen und Bänder eine wichtige Rolle in der Sportmedizin. Neben Injektionen mit regenerativen Substanzen (z. B. Stammzellen) kann eine manuelle Therapie (Physiotherapie) ein wichtiger Baustein im Behandlungskonzept sein.

Vorderfusswurzelgelenk: Das Gelenk unmittelbar oberhalb der Vorderpfote spielt vor allem bei Agility Hunden eine Rolle. Gerade Sprünge aus großer Höhe führen zu einer erheblichen Belastung des Gelenkes. Auch hier gilt: je eher es diag-
nostiziert und behandelt wird desto besser ist die Prognose.

Hintergliedmaße:
Die Hüftdysplasie spielt in der Hundesportmedizin im Vergleich zum Knie- und Sprunggelenk eine nur untergeordnete Rolle. Das Hüftgelenk ist gut von Muskulatur eingebettet. Ist der Hund gut trainiert und muskulös, können Hüftgelenkserkrankungen, die bei einem weniger gut trainierten Hund zu Problemen führen, völlig symptomlos sein. Aber auch hier gilt, je eher die Diagnose gestellt wird desto besser sind die therapeutischen Möglichkeiten.

Knie: Das Knie ist an der Hintergliedmaße eines der am häufigsten erkrankten Gelenke. Neben dem Kreuzband ist eine Erkrankung des inneren Meniskus am häufigsten. Auch hier gilt je früher die Erkrankung entdeckt wird, desto besser ist die Prognose.

Sprunggelenk: Dem Sprunggelenk ist vor allem beim Hütehund, der aktiv im Sport genutzt wird, Beachtung zu schenken. Vor allem bei extremer Belastung kann es hier zu Bandschädigungen kommen.

Bei allen oben genannten Erkrankungen kommt es nach der Diagnose zu einer Therapie. Nicht alles muss chirurgisch gelöst werden. Teilweise sind lokale Injektionen mit regenerativ oder entzündungshemmenden Komponenten angezeigt. Essentiell ist eine gute Zusammenarbeit mit einem Physiotherapeuten. Am wichtigsten ist aber ein einsichtiger Tierhalter, der den Anweisungen folgt. In der nächsten Ausgabe widmen wir uns dem Thema Erkrankungen des Herzens.
Dr. Matthias Kuhn, Dr. Stephany Kuhn

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